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Aktuelle Studie: Vegan essen = länger leben?!

Titelbild zum Artikel: Zwillingsstudie zu veganer Ernährung

Vegan essen = länger leben?! Diesen Schluss legt zumindest eine Untersuchung nahe, deren Ergebnisse Forscher der Uni Stanford im November 2023 veröffentlicht haben. Aber kann es denn wirklich so einfach sein? Wir haben die Studie genauer unter die Lupe genommen – und eine Top-Expertin in Sachen Ernährung nach ihrer Einschätzung gefragt.

Wie wirkt sich eine rein vegane Essweise wirklich auf den menschlichen Körper aus – kaum eine andere Ernährungsfrage wird in unserer Gesellschaft so gern und leidenschaftlich diskutiert: Vor kritischem Nährstoffmangel mahnen die überzeugten Omnivore (Alles-Esser), während eingefleischte Veggies wacker mit einem Vitamin-Plus und weniger Cholesterin in der Pflanzenküche gegenhalten. Mal ehrlich: Nicht immer geht es in solch hitzigen Alltags-Auseinandersetzungen um reine Fakten. Essen ist eben eine emotionale Angelegenheit … 

Wirft man jetzt alle persönlichen Überzeugungen über Bord und stattdessen einen nüchternen Blick auf den aktuellen Stand der Forschung, kann man zumindest folgenden Konsens finden: Eine pflanzenbetonte Ernährung hat grundsätzlich einen positiven Effekt auf die Gesundheit. Beispielsweise zeigte die groß angelegte US-Studie „Nurses Health Study“, dass eine kohlenhydratreduzierte Kost mit reichlich pflanzlichen Proteinen und Fetten das Risiko für Herzkreislauf-Erkrankungen um bis zu 30 % senken kann. Andere Untersuchungen stellten einen Zusammenhang zwischen einer vegetarischen oder veganen Essweise und einem geringeren Risiko für Krebs und Adipositas her. 

Trotzdem gibt es in der Vegan-Forschung noch Nachholbedarf: Bisher haben Wissenschaftler:innen Faktoren wie genetische Unterschiede der Teilnehmer, Erziehung und Lebensstil nicht mit einbezogen. Außerdem wird häufig die Tatsache außer Acht gelassen, dass auch bei einer rein pflanzlichen Ernährungsweise zu wenig gesunde Nährstoffe auf dem Teller landen können: Sogenannte „Pudding-Veganer“ ernähren sich vorzugsweise von zwar tierfreien, aber trotzdem nährstoffarmen Süßigkeiten und Fertiggerichten – und schneiden damit im Gesund-Check vermutlich nicht besser ab als der gemeine Allesesser-Fast-Food-Junkie. Was bis dato also fehlte, waren ein valider Vergleich von gesundheitsbewusster veganer und gesundheitsbewusster omnivorer Kost – statt dem allgemeinen (und unvollständigen) Vergleich von vegan vs. nicht-vegan bei möglichst ähnlichen Voraussetzungen der Studienteilnehmer. 

Neue Studie vergleicht eineiige Zwillinge

Genau diese Lücke wollten Forschende der Universität Stanford (USA) durch eine Studie mit 44 eineiigen Zwillingen schließen. Da sich Zwillinge genetisch so ähnlich sind, wie es bei zwei Individuen nur möglich ist, sie gleich aufgewachsen und sozialisiert sind, erhofften sich die Wissenschaftler objektive und aussagekräftige Ergebnisse. 

Die 22 Zwillingspaare für die Studie wurden randomisiert aus einer Zwillingsdatenbank (Stanford Twin Registry) ausgewählt und mussten acht Wochen lang eine bestimmte Ernährungsweise befolgen. Je ein Zwilling aß rein vegan, während die jeweils anderen Geschwister auch tierische Lebensmittel – etwa Geflügel, Fisch oder Eier – verzehren durften. Unabhängig von der Unterteilung in pflanzliche und nicht-pflanzliche Kost, verpflichteten sich alle Teilnehmer:innen für den Zeitraum der Erhebung zu einer gesunden Essweise mit vielen Hülsenfrüchten, Obst, Gemüse und Vollkorn und zum Verzicht auf Zucker und raffinierte Stärke, wie sie etwa in Weißmehlprodukten und Snacks steckt. 

In den ersten vier Wochen wurden die Zwillinge mit je drei Mahlzeiten pro Tag beliefert, im zweiten Abschnitt der Studie kochten sie selbst nach dem Ernährungskonzept. Während der gesamten Dauer wurden die Teilnehmenden von ernährungswissenschaftlichem und medizinischem Fachpersonal betreut, regelmäßig befragt und untersucht. 

Veggies schneiden besser ab

Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forschenden im Fachblatt „JAMA Network Open“. Und die lassen die Vegan-Fraktion auf den ersten Blick deutlich besser dastehen als die fleischessenden Vollköstler: Bei den Zwillingen, die sich rein pflanzlich ernährten, konnten ein etwas höherer Gewichtsverlust, bessere LDL-Cholesterin- und Triglyceridwerte verzeichnet werden. Übergewicht, zu hohe Cholesterin- und Triglyceride gelten unter anderem als Risikofaktoren für Herzinfarkt und Schlaganfall. 

Ist er das nun also endlich? Der Beweis, dass Veganer:innen länger leben? Wir haben eine gefragt, die sich bestens auskennt:  

Dr. Anne Fleck – auch bekannt als Doc Fleck – ist Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie, renommierte Expertin auf dem Feld der Präventivmedizin und Pionierin in der ganzheitlichen Ernährungsmedizin. In ihrer Praxis in Hamburg und zahlreichen Bestseller-Büchern vermittelt die gebürtige Saarländerin ihre innovative Methode – und legt dabei auch einen großen Fokus auf gesunden Genuss.
Portraitfoto von Dr. Anne Fleck
Dr. Anne Fleck © Jonas Wresch
Dr. Fleck, man könnte die Zwillingsstudie schnell so interpretieren, dass vegane Ernährung per se gesünder ist. Würden Sie das unterschreiben?
Nein. Ich würde grundsätzlich nie einen Ernährungsstil als richtig für alle unterschreiben. Jeder Mensch is(s)t anders, diesen Fakt darf man in der modernen Medizin und in der Forschung nie außer Acht lassen. In Ansätzen hat die Zwillingsstudie keinen schlechten Pfad eingeschlagen, indem sie versucht hat, objektivere Vergleichsbedingungen zu schaffen.
Das klingt nach einem „Aber“…
Ich möchte die Studie nicht als schlecht abstempeln. Sie hat große Aufmerksamkeit erregt und kann vielleicht Anstoß für weitere Forschungen sein. Man muss allerdings bedenken: Es handelt sich um eine recht kleine Teilnehmergruppe. Und nach acht Wochen lässt sich keine valide Aussage über die langfristigen Folgen einer bestimmten Ernährungsform treffen. Ich erlebe in meiner Praxis leider oft Menschen, die sich mit besten Vorsätzen jahrelang vegetarisch oder sogar vegan ernähren und dann mit klinischen Mangelsymptomen wie trockener Haut, erhöhter Infektanfälligkeit oder Energielosigkeit kämpfen. Es ist gut, Zucker und Weißmehl zu reduzieren – egal ob omnivor oder vegan. Das allein reicht aber nicht. Ein monotoner, unausgewogener Speiseplan führt auch bei rein pflanzlicher Kost langfristig oft zu einem Nährstoffmangel. Kritisch können bei Veganer:innen zum Beispiel Eisen, Calcium, Jod, die Aminosäure Lysin, Vitamin B 12 und B2 oder Vitamin D sein.
Also geht vegan nicht ohne Nahrungsergänzung?
Es geht vor allem nicht ohne einen liebevollen und achtsamen Umgang mit sich selbst! Eine fein austarierte pflanzenbetonte Ernährung kann durchaus vorteilhaft für die Gesundheit sein. Aber die Bedürfnisse und Verträglichkeiten jedes und jeder Einzelnen sind hoch individuell. Ein Beispiel: Hülsenfrüchte gelten als die ultimative Proteinquelle in der Vegan-Küche. Allerdings kann nicht jeder die pflanzlichen Eiweißbomben gut verdauen. Einige Menschen leiden nach dem Verzehr an starken Verdauungsbeschwerden, die die Lebensqualität massiv beeinträchtigen. Dann kann es aus gesundheitlicher Sicht in manchen Fällen besser sein, ein gesundes Maß an anderen – eventuell auch tierischen – Proteinquellen in den Speiseplan zu integrieren. Ebenso gehört die sensible Überwachung der kritischen Nährstoffe zu einer rein pflanzlichen Ernährung dazu. In Rücksprache mit Arzt oder Ärztin kann dann bei Bedarf eine individuelle Nährstoff-Supplementierung angeraten sein.
Was fehlt aus Ihrer Sicht in der Vegan-Forschung?
Zum Beispiel ein differenzierter Vergleich mit weiteren Ernährungsstilen, groß angelegte Langzeitstudien mit langen Follow-Ups. Die Forschung zeigt, dass vor allem die Reduktion von (kurzkettigen) Kohlenhydraten gesundheitlich förderlich ist. Dieser Fakt wurde in dieser Studie beispielsweise nicht vollständig berücksichtigt. Es lässt sich also nicht pauschal sagen, jede vegane Ernährungsform ist besser oder schlechter als jede Mischkost. Die Wissenschaft hat bezüglich der Chancen und Risiken einer rein pflanzlichen Ernährung noch einiges zu erforschen und zu diskutieren – das bleibt zu beobachten. Für den Moment empfehle ich allen: Hört auf euer Bauchgefühl, achtet auf die Signale eures Körpers, esst mehr Grünzeug, genießt möglichst bunt und abwechslungsreich. So kann man sowohl rein vegan als auch mit einer klugen flexitarischen Kost das tanken, was man braucht, um möglichst lange gesund und fröhlich zu bleiben – macht was draus!
Buchcover von Gesünder geht’s kaum: Spiegel Bestseller von Dr. med. Anne Fleck
Gesünder geht’s kaum - SPIEGEL Bestseller von Dr. med. Anne Fleck © Jonas Wresch

Gesünder geht’s kaum

Pflanzenbasiert, flexibel, ehrlich und vor allem individuell passend – so funktioniert gut essen nach der Doc-Fleck-Methode. In ihrem Buch „Gesünder geht’s kaum“ zeigt die renommierte Individualmedizinerin, wie sich das in der Alltagsküche umsetzen lässt: Vegane Grundrezepte werden teilweise mit kleinen Zusatzoptionen in Form von Fisch, Fleisch, Eiern oder Milchprodukten ergänzt. So treffen die Fit-Rezepte den Geschmack aller Leser:innen und bieten die Möglichkeit, auch kritische Nährstoffe, mit einer pflanzenbetonten Ernährungsweise zu decken. 

Infos zum Buch: 

Titel: Gesünder geht’s kaum
Von: Dr. med. Anne Fleck
Verlag: BJV Verlag
Erscheinungsdatum: 30.08.2022
Preis: 33,00 €
ISBN: 978-3-95453-236-0 

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Brokkoli-Linsen-Salat mit Quinoa, Rucola und aktivierten Mandeln – Rezept aus Gesünder geht’s kaum

Brokkoli-Linsen-Salat mit Quinoa, Rucola und aktivierten Mandeln
Brokkoli-Linsen-Salat mit Quinoa, Rucola und aktivierten Mandeln © Hubertus Schüler

Zutaten: für 2 Portionen: 

  • 50 g Quinoa (ungekocht oder gekeimt)
  • Salz
  • 1 Brokkoli (300 g Röschen)
  • 40 g Rucola (geputzt 30 g)
  • ½ Dose Linsen (125 g)
  • ½ kleiner Granatapfel (60 g Fruchtkerne;
  • Gesundheitstipp siehe Seite 84)
  • 30 g ungeschälte Mandelkerne (nach
  • Belieben aktiviert; siehe Seite 59)
  • 1 ½ EL Apfel-Balsamico-Essig (15 ml)
  • 2 TL Dijonsenf (10 g)
  • schwarzer Pfeffer aus der Mühle
  • 3 EL natives Olivenöl extra (30 ml)
  • 10 g Grünkohlsprossen
  • (siehe Seite 114; alternativ andere
  • Microgreens bzw. Sprossen)

Zubereitungszeit: 

  • 35 Minuten
  • plus evtl. 12 Stunden Keimen, bzw. Aktivieren

Nährwerte pro Portion: 

454 kcal, F 26 g, KH 37 g, B 13 g, EW 17 g 

Zubereitung: 

  1. Quinoa nach Packungsangaben in Salzwasser garen (etwa 15 Minuten köcheln und 10 Minuten ausquellen). Dann ausdampfen und abkühlen lassen. Alternativ am Vortag gekeimte Quinoa vorbereiten.
  2. Inzwischen Brokkoli in gleich große Röschen teilen, waschen, in einen Dämpfkorb geben und über kochendem Salzwasser etwa 5 Minuten bissfest dämpfen. Eiskalt abschrecken und abtropfen lassen.
  3. Rucola waschen und trocken schleudern. Linsen in ein Sieb geben und abtropfen lassen. Die Fruchtkerne aus dem Granatapfel lösen. Mandeln grob hacken.
  4. Essig mit Senf, etwas Salz und Pfeffer verrühren, dann das Öl kräftig einrühren.
  5. Zwei Schalen mit Rucola auslegen, darauf Quinoa, Brokkoli und Linsen anrichten und mit dem Dressing beträufeln. Mit Granatapfelkernen und Mandeln bestreuen und mit Sprossen garnieren.

DOC FLECKS GESUNDHEITSTIPP

Das Pseudogetreide Quinoa ist ein Lebensmittel der Superlative: Pro 100 g enthält es enorme 14 g Eiweiß und alle neun essenziellen Aminosäuren. Auch mit seinem Gehalt an Mineralien toppt es die üblichen Getreidesorten. Dazu ist es glutenfrei und kann bei Zöliakie und anderen Getreideunverträglichkeiten problemlos gegessen werden. Die in Quinoa enthaltenen Mineralien Mangan und Kupfer bilden ein Enzym, das die Mitochondrien und die roten Blutkörperchen vor freien Radikalen schützt. Dazu ist Quinoa reich an Tryptophan, das im Gehirn zur Herstellung des Glückshormons Serotonin gebraucht wird. 

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