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SPOT ON: Renate Blaes - Kochlust

Banner für Interview: Renate Blaes - Kochlust

Bärlauch, Wegerich, Ackermelde … bei Renate Blaes gibt’s nur ausgewählte Sammlerstücke! Im Interview erzählte uns die hauptberufliche Verlegerin, wieso sie mit ihrem Wildkräuter-Blog eigene Wege geht – ohne viel Chichi und große Worte, dafür mit reichlich Kreativität und einer Extraportion Natürlichkeit.

Portraitfoto von Renate Blaes beim Fotografieren in der Natur
Foto: Renate Blaes
Renate, du bist nicht hauptberuflich Food-Fotografin – dein Blog ist dein Hobby. Was machst du im echten Leben?
Im echten, also im Geldverdien-Leben, bringe ich mit meinem kleinen Verlag Edition Blaes Bücher auf den Markt. Konkret: Ich unterstütze Autoren dabei, aus ihrem Manuskript ein professionelles Buch zu produzieren. Ich lektoriere/korrigiere, bearbeite Fotos, gestalte Buchinhalt und Umschlag  – ich mache alles, was ein gutes Buch braucht. Auch für Kochbücher.
Du bist also meist die Frau hinter den Kulissen. Wie kam es dazu, dass du selbst mit einem Food-Blog in Erscheinung getreten bist?
Vor ungefähr 15 Jahren habe ich für eine Biologin das Design eines Wildkräuterbuch entwickelt. Da waren auch Rezepte drin. Dabei habe ich entdeckt, dass sich in meinem Foto-Fundus viele Wildkräuterfotos befinden – ohne mir dessen bewusst zu sein. Das war der Beginn meiner Wildkräuter-Leidenschaft.
Heute dein Markenzeichen. Du kochst in deinem Kochlust-Blog ausschließlich mit Wildkräutern und „Sammlerstücken“ aus der Natur.
Ja, ein Food-Blog ohne Spezialisierung auf ein bestimmtes Thema wäre mir nie in den Sinn gekommen. Food-Blogs gibt es wie Sand am Meer, und die meisten gleichen sich wie ein Ei dem anderen. 
Das klingt nicht, als würdest du selbst gern Food-Blogs durchstöbern …
Food-Blogs „folgen“, das mache ich nicht. Ich besuche mal den einen, mal den anderen. Im Grunde mag ich viele Food-Blogs nicht, weil Food-Blogger(innen) dazu neigen, viel zu labern. Bis die mal zum Rezept kommen, kann man ein Bad nehmen. Sie erzählen von Kind, Mann und Oma (von Letzterer erzählen sie besonders gern). All das interessiert mich aber nicht, ich will das Rezept lesen, keine Familienromane …
Wo nimmst du dann deine Ideen her?
Beim Joggen finde ich immer (!) Wildkräuter. Schwefelporlinge (Frühling) zum Beispiel, das sind aromatische Baumpilze. Ackermelde (Sommer), ein prima Spinatersatz. Springkrautsamen (Herbst), köstliche Mini-Nüsschen. Da überlege ich mir dann, was ich aus meiner Ernte Schönes machen kann. Auf diese Weise komme ich auf meine Rezeptkreationen, und mir fällt immer was ein. Zum Beispiel kam ich auf die Idee, Auberginen-Scheiben mit Breitwegerich-Früchtchen zu panieren und knusprige Schnitzelchen daraus zu braten.
Das klingt nach vielen spannenden Gerichten. Weißt du noch, welches das erste war, das du gepostet hast?
Das weiß ich leider nicht mehr. Aber da das Kochlust-Blog mitten in einem Sommer online ging, war es vermutlich ein Rezept mit Mädesüß. Mit diesem aromatischen Wildkraut kann man wunderbare Rezepte kreieren. Köstlichen Mädesüß-Sirup zum Beispiel. 
Mädesüß-Sirup von Renate Blaes
Mädesüß-Sirup | Foto: Renate Blaes

Hier geht’s zum Rezept „Mädesüß-Sirup“ von Renate Blaes

Mädelsüß-Sirup im Einmachglas
Mädesüß-Sirup im Einmachglas| Foto: Renate Blaes
Kochen ist ja das eine, Fotografieren das andere. Wie bist du dazu gekommen, deine Gerichte mit einer Kamera festzuhalten?
Das Fotografieren war vor dem Kochen. Wildkräuter habe ich rein zufällig fotografiert, weil sie mir gefielen. Dann habe ich sie bewusst fotografiert – eben für besagtes Wildkräuterbuch. Dabei habe ich festgestellt, was für wunderbare Kreationen man mit Wildkräutern auf den Teller bringen kann. Dass ich die Gerichte auch fotografiere, lag auf der Hand.
Was waren für dich anfangs die größten Herausforderungen in der Food-Fotografie?
Echte Herausforderungen gab es nicht. Das Kochlust-Blog ist mein Privatvergnügen, deshalb nehme ich alles, was damit zusammenhängt, auf die leichte Schulter. Aber weil ich vorzugsweise bei natürlichem Licht auf meiner Terrasse fotografiere, ist es immer wieder eine kleine Herausforderung, zum richtigen Zeitpunkt ein Rendezvous mit der Sonne zu bekommen. Manchmal verschiebe ich deshalb auch einen „Fototermin“ auf den nächsten Tag. Ich habe zwar Profi-Leuchten, nutze sie aber sehr selten. Tageslicht gefällt mir einfach besser.
Apropos besser: Hat sich dein Foto-Stil im Laufe der Jahre verändert – und wie würdest du ihn grundsätzlich beschreiben?
Mit einem Wort: natürlich. Food-Gemälde sind nicht mein Ding. Einfachheit ist mein Anliegen, egal, was ich mache. Ob ich schreibe, Bücher gestalte, fotografiere oder koche. Wobei „einfach“ nicht „simpel“ bedeutet. Ich verzichte lediglich auf Chichi.
Verändert hat sich mein Stil nicht. Aber wenn ich meine früheren Food-Fotos mit denen von heute vergleiche, stelle ich fest, dass ich mich verbessert habe. Übung macht wirklich den Meister. 
Mit welcher Foto-Ausrüstung hast du zu üben begonnen?
Ich begann mit einer Canon 650, mit Makro-Objektiv. Mit der fotografiere ich heute noch. Nur der Auto-Focus des Objektivs hat den Geist aufgeben, deshalb habe ich mir im vergangenen Jahr ein neues Objektiv zugelegt.
Und nach dem Foto: Welche Bildbearbeitungsprogramme nutzt du?
Ohne Bildbearbeitung geht gar nix. Zumal ich nur Fotos im RAW-Format mache. Jedes RAW-Foto muss bearbeitet werden. Das liegt in der Natur der Sache. RAW = roh. Ich arbeite mit Photoshop. Seit rund 30 Jahren.

Anmerkung der Redaktion: Über die Geheimnisse der professionellen Bildbearbeitung und das Shooten im RAW-Modus informieren wir euch in gesonderten Artikeln und Experten-Interviews. Freut auf regelmäßig neuen Content in unserem Academy-Bereich 

Es steckt eben viel Arbeit in jedem Bild. Wie lange brauchst du etwa für ein Foto?
Je nach dem. Ein halber Tag ist schnell weg. Sammeln, kochen, fotografieren – das dauert.
Und wie oft postest du neue Rezepte?
Mindestens ein-, zweimal die Woche. Zeit – ja, die muss man sich nehmen, ein gutes Food-Blog füllt man nicht mit links. Ich widme mich dem Kochlust-Blog bestimmt zehn Stunden pro Woche, eher mehr. Aber mir bereitet es Vergnügen, ist eine Art kreativer Zeitvertreib. 
Schön, wenn jemand so viel Liebe reinsteckt. Und umso ärgerlicher, wenn andere sich dann einfach an den eigenen Kreationen „bedienen“. Dir ist das schon passiert – was war da los?
Vor ein paar Jahren habe ich Eichelrezepte kreiert. Eichelrezepte gibt es kaum im Internet, und 99 % davon sind mit Eichelmehl. Ich aber habe „richtige“ Rezepte entwickelt, also welche mit Eicheln als sicht- und schmeckbarer Zutat. Zum Beispiel: Fischfilet mit Eichelpanade, Apfelkuchen mit Eichelkruste, oder Eichelmarzipan. Im Zusammenhang mit dem Marzipan kam ich auch auf die Idee, gebrannte Eicheln auszuprobieren. Das Ergebnis schmeckte köstlich, und ich habe es – mit Anleitung – auf meinem Blog veröffentlicht. Einige Monate später entdeckte ich, dass mein Rezept im Internet als Erfindung einer anderen Wildkräuterköchin angepriesen wurde. Da war ich wirklich sauer. Das ist übrigens mittlerweile behoben …, weil ich interveniert habe.
Also auf zu neuen Rezepten! Was blüht uns und deinen Followern denn als nächstes auf deinem Wildkräuter-Blog?
Zurzeit gibt es Bärlauch. Und was die wenigsten wissen: Von dem kann man alles essen. Nicht nur die Blätter, sondern auch Blütenknospen, Blüten, Früchte – selbst die Samenkörnchen, aus denen ich Bärlauch-Pfeffer mache. Bärlauch können wir also bis in den Juni hinein genießen. In allen Variationen. Aber es wird auch Kreationen mit Wiesenbärenklau und Baumblättern geben – und mit japanischem Knöterich. Die Vielfalt der Wildkräuter ist unendlich …

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